Die Selbstliebe in Zeiten des Coronavirus
„Ein naives Gedankenexperiment: Was wäre, wenn in Zeiten drohender Coronakrise nicht jeder nur an sich denken würde, sondern Verantwortung für seine Mitmenschen übernähme? Stellen Sie sich das mal vor!“
eine Kolumne von Margarete Stokowski, Spiegel Kultur, 03.03.2020
„Der beste Schutz gegen eine Ausbreitung des Coronavirus ist regelmäßiges Händewaschen, nicht ins Gesicht fassen, ausreichende Isolation bereits infizierter Menschen und die Abschaffung des Kapitalismus.
Ist jetzt natürlich für den Moment zu spät, leider. Aber stellen Sie sich das mal vor. Stellen Sie sich vor, Menschen mit verdächtigen Symptomen würden nicht sinnlos wacker trotzdem zur Arbeit gehen oder zum Meeting fliegen, sondern zu Hause bleiben, bis sicher ist, welche Krankheit sie haben. Sie würden das aus Verantwortung für ihre Mitmenschen tun, und die Chefin (sofern es eine gäbe) würde sagen: Ja, klar, danke für deine Vorsicht und gute Besserung. (Wenn Sie jetzt denken: „Haha, dann würden ja ALLE zu Hause bleiben!“, dann denken Sie, dass Arbeit immer Ausbeutung sein muss und haben viel zu tun in der Hinsicht, tut mir leid, aber ist so.)
(…)
Stellen Sie sich vor, alle könnten einfach sicher sein, dass sie im Notfall die nötigen Dinge von der zuständigen Institution erhalten, und müssten anderen nicht die dringend benötigten Waren wegkaufen. An Witzen über Hamsterkäufe ist man derzeit im Internet äußerst gut versorgt. Dumm nur, dass nicht alle Menschen mitlachen können, weil nicht alle genug verdienen, um kubikmeterweise Vorräte zu horten – abgesehen davon, dass sie eventuell kein Auto haben, in dem sie das alles transportieren könnten.
Stellen Sie sich vor, es wäre keine verbreitete Sichtweise, zu denken, dass die Schwächsten und Ärmsten wahrscheinlich irgendwie selbst schuld sind an ihrer Lage.
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Jetzt könnte man sagen, das geht doch auch alles im Kapitalismus, man kann doch auch kapitalistisch denken und sich trotzdem umsichtig verhalten. Ja, theoretisch. Praktisch holt zurzeit, während das Coronavirus sich weltweit ausbreitet, der Kapitalismus die dunklen Seiten der Menschen hervor, die er in ihnen über Generationen hinweg herangezüchtet hat: Egoismus, Rücksichtslosigkeit, Profitgier. Jeder ist sich selbst noch ein kleines bisschen mehr der Nächste, wenn es gefährlich wird.
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Kapitalismus ist die einzige funktionierende Wirtschaftsform, haben sie gesagt. Wohlstand und Sicherheit für viele, na ja, vielleicht nicht für jeden, aber prinzipiell… allerspätestens jetzt können wir sehen, wie gefährlich dieses Denken ist.
Menschen, die aufgrund einer Krankheit regelmäßig auf Desinfektionsmittel angewiesen sind, bekommen dieses kaum noch in Geschäften oder nur zu völlig grotesken Preisen bei Internetanbietern.
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Ärztinnen und Pfleger berichten, dass Desinfektionsmittel und Atemmasken aus Krankenhäusern gestohlen werden, oder dass sie ihre Schutzmasken selbst bei Amazon kaufen müssen.
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Stellen Sie sich vor, Solidarität wäre der allerhöchste gesellschaftliche Wert, und wir wären statt auf Egoismus darauf trainiert, immer die Schwächsten zu schützen. Und – stellen Sie sich vor, das würde nicht alles so wahnsinnig naiv und utopisch klingen. Das wär was.“
vollständiger Artikel / Beitragsbild ebd.
Ich stelle mir das vor….. Das wäre eine bessere Welt!!!!
Inge
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