Depressiver Schub / aus der Serie „Psychisch krank“
„Bei ihr begann es mit 16 Jahren. Auslöser waren Probleme in der Familie oder durch die Pubertät, dachte sie zuerst. Vermutlich hatte beides Anteil, sagt sie heute. Bis dahin war sie eine Musterschülerin, brachte nur gute Noten nach Hause, sei „ehrgeizig, aber normal“ gewesen. Sie war nie eine Außenseiterin, hatte Freunde, war teil der Klassengemeinschaft. Aber als sie dann doch aus der Reihe fiel, bröckelte diese Gemeinschaft. Von den Lehrern kam auch keine Hilfe. „Sie ignorierten mein Weinen, machten mich sogar noch weiter fertig“, erzählt Kaiser. Der Vertrauenslehrer habe sich über ihren Plan, die Schule zu wechseln, nur lustig gemacht: „Wir haben schon Wetten abgeschlossen, wann du wieder zurück kommst.“
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„Der Schritt, sich Hilfe zu suchen, fällt schwer. „Es dauert lange, bis man endlich so weit ist, den eigenen Stolz und die Lähmung durch die Depression zu überwinden.“ Doch dann kommt die nächste Hürde, mit der man in diesem Moment nicht rechnet: vier Monate Wartezeit bei den meisten Therapeuten – das kostet Energie, oft die letzten Reserven. Ein Teufelskreis.“
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„Louisa Kaiser hatte Glück mit ihrer ersten Psychotherapeutin. Die unterstützte ihren Ehrgeiz, trotz der schlechten Noten und der Konzentrationsprobleme das Abi zu schaffen. Es folgten ein Schulwechsel und ein Intelligenztest mit dem Ergebnis „Hochbegabung“. „Sie gab meiner ‚Störung‘ auch einen Namen. Irgendwann habe ich mal im Bericht das Wort Depression gelesen. Von da an wusste ich, dass ich etwas habe, das andere auch haben. Das war eine Erleichterung, kein Schock.“
(Anm. eine alle Menschen einbeziehende Sprache wurde im Artikel vernachlässigt, hoffentlich, weil er von 2013 ist)